Achtung Schneefall

Was Wohnungseigentümer beim Winterdienst beachten müssen

Wenn es draußen schneit, müssen Hausbesitzer zur Schaufel greifen und den Gehweg räumen. Aber wie sieht es bei Wohnungseigentümern aus? Können sie alle Pflichten an einen Winterdienst abgeben und sich damit das lästige Schneeschippen ersparen? „Nicht ganz“, sagt Dr. Werner Schrödl von der G.S. Hausverwaltung, die seit mehr als 25 Jahren Wohn- und Gewerbeimmobilien in ganz Deutschland bewirtschaftet. Die Pflicht zur Verkehrssicherung könne übertragen werden, nicht aber die Überwachungspflicht. 

„Grundsätzlich sind private Grundstücke und nicht öffentliche Flächen von den Wohnungs- oder Immobilienbesitzern zu räumen“, erklärt Schrödl. Die
sogenannte Verkehrssicherungspflicht kann die Eigentümergemeinschaft aber per Mehrheitsbeschluss in die Hände eines Winterdienstes oder der Hausverwaltung legen. „Die Überwachungspflicht verbleibt jedoch bei den Wohnungsbesitzern“, gibt der Experte zu bedenken. Wenn also zu selten oder unsachgemäß vor der eigenen Haustür geräumt wird, heißt es Handeln. Andernfalls drohen teure Schadensersatzklagen, wenn ein Passant ausrutscht.

Räum- und Streupflicht
Sachgemäß zu räumen, bedeutet, die Schneeschaufel mehr als einmal rund um das Haus zu schieben“, betont Schrödl. Alle Gehwege und Treppen, die an das Gebäude angrenzen und im Grundstück verlaufen, sind bei Schneefall freizulegen. Nutzen viele Fußgänger den Weg, sollte die Schneise mindestens 1,20 Meter breit sein, damit zwei Passanten problemlos aneinander vorbeikommen. Bei geringer Frequentierung reicht ein Gang von 50 Zentimetern aus. Bei Glatteis muss geklärt werden, ob Streusalz zum Einsatz kommen soll. Viele Kommunen erlauben es nicht, weil zu viel davon der Umwelt schadet und Fahrzeuge beschädigt. In diesem Fall sollte nur Granulat, Sand oder Splitt gestreut werden.

Los geht’s um 7 Uhr morgens. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss der Winterdienst werktags die Arbeit aufnehmen. An Sonn- und Feiertagen müssen Gehwege erst ab 9 Uhr von Schnee und Eis befreit werden. Um 20 Uhr endet die Räumpflicht. „Wenn es dauerhaft schneit, darf die Schneeschaufel laut Bundesgerichtshof auch mal im Keller bleiben“, sagt der promovierte Bauchemiker. „Solange bis der Flockenfall aufhört und das Schneeschieben und Streuen nicht mehr umsonst ist.“ (BGH, 27.11.1984, VI ZR 49/83)

Abgesichert im Schadensfall
Kommt ein Winterdienst diesen Pflichten nicht nach, begibt sich die Eigentümergemeinschaft auf dünnes Eis. „Zum einen wird ein Schadensfall dadurch wahrscheinlicher“, so der Fachmann. Zum anderen kann das Gericht die Wohnungseigentümer bei offenkundiger Fahrlässigkeit mithaftbar machen, weil sie ihrer Überwachungspflicht nicht nachgekommen sind. „Eine Haftpflichtversicherung ist für Immobilienbesitzer deshalb unabdingbar“, sagt Schrödl, dessen Team aktuell mehr als 7.000 Eigentumswohnungen betreut.

Damit es keine bösen Überraschungen gibt, sollte auch überprüft werden, ob der Winterdienst rechtlich abgesichert ist. Dann können Wohnungseigentümer der kalten Jahreszeit etwas gelassen entgegensehen – auch weil die Gerichte auf gesunden Menschenverstand setzen. „In der Vergangenheit haben mehrere Urteile bekräftigt, dass die Streupflicht bereits dann als eingehalten gilt, wenn Wege und Treppen von aufmerksamen Passanten gefahrenlos genutzt werden können“, erklärt der Chef der G.S. Hausverwaltung. Die Betonung liegt auf „aufmerksam“. Wer sich als Fußgänger mutwillig Gefahren aussetzt, hat laut Oberlandesgericht im Zweifelsfall auch den Schaden selbst zu tragen. (OLG Hamm, 9 U 217/97)